Peter Arras über die Arbeit seiner AKT- AKTION KONSEQUENTER TIERSCHUTZ

Es ist jetzt zehn Jahre her, als ich vor Tierrechtlern in München die Ergebnisse meiner vierjäh­rigen Re­cherche über die Lebensbedingungen der Tiere in Zirkusunternehmen in Form eines Plädoyers vortrug. Ziel war es, daß das Thema „Zirkustiere“ politisch angegangen werden sollte was zum damali­gen Zeitpunkt noch nirgends der Fall war. Ich hatte Erfolg, die Tierversuchsgegner München bildeten einen Arbeitskreis Zirkus.

Das genau ist es, was ich von Anbeginn meiner Tierschutzarbeit wollte, die ich vor sieben Jahren unter den Namen AKT stellte und die seit zwei Jahren eine gemeinnützige Gesell­schaft ist. Handlungsbedarf recherchieren und aufzeigen, denn von jeher war mir klar, daß es neben den etablierten Tierschutzthe­men wie Tierversuche, Massentierhaltung, „Pelztiere“ und neben den Tiergruppen der Hunde und Katzen riesige Probleme gibt, die noch nicht oder nie ange­gangen werden würden, wenn niemand den Anfang macht. Nach dem  Motto: „Es gibt nichts Gutes außer man tut es“, ist die AKT bestrebt, unterrepräsentierte Tierschutzthemen aufzugrei­fen und sich für die Stimmlosen unter den
Tie­ren einzusetzen.
Dabei sind wir zunächst schon damit zufrieden, innerhalb der Tierschutz- Tierrechtsbewegung diese Themen anzubringen, andere Organisationen mit Infos zu versorgen und diese beim schwierigen Angehen der fachlich sehr aufwendigen Themen zu beraten, zusammenzuarbeiten.
Um hierbei flächendeckend für die Tiere erfolgreich zu sein, bedarf es der potenzierten Kraft der gesamten Bewegung, wir sind zu klein, um dem „Rest der Tierwelt“ zu ihrem Recht zu verhelfen. Nachdem ich das Thema Zirkus abgegeben hatte, wendete ich mich schon in Mün­chen dem noch größeren Problem der „Heimtiere“ zu, die jenseits von Recht, Gesetz und Öf­fentlichkeit hinter der grundgesetzlich abgeschotteten Privatsphäre ausschließlich der Willkür Ihrer Halter ausgeliefert sind. Betroffen sind auch hierbei hauptsächlich Tiere wildlebender Arten und Kleintiere deren Leid stumm und deshalb kaum vernehmlich ist, wenn man nichts über ihre Biolo­gie und Ethologie weiß. Ihr Leid wird in der Öffentlichkeit nicht mit dem Jammern gemarter­ter „Versuchs- oder Schlachttiere“ konkurrieren können, dennoch leiden auch sie in erhebli­chen Ausmaß.
Auch karitativ wird ihnen mit Ausnahme der Hunde und Katzen, die nur 8 % aller Heimtiere ausmachen, so gut wie keine Hilfe zuteil. Deshalb gründete ich 1988 noch in München die „Erste Station für in Not geratene Reptilien und andere Tiere“ die mittlerweile 300 Tierindividuen zählt. Dem Beispiel ist trotz mannigfacher Medienberichterstattung seither niemand gefolgt. Auch politisch wurde das Thema Zoohandel/ Heimtierhaltung bislang nicht von der Bewegung gesamtheitlich angegangen. Dabei ist die Tierliebe eine besondere Nut­zungsform, die scheinheiligste von allen. Was aus egoistisch motivierter Tier­liebe mit Tieren geschieht, das wußte ich nicht zuletzt von meiner Tierschutzinspektortätigkeit beim Tier­schutzverein München.
Aus dieser Erkenntnis heraus gründeten wir neben der massiven politischen Betätigung zu diesem Thema 1990 die „Erste Fachberatungsstelle für Tierschutz und Tierhal­tung“ um sowohl Tierhalter als auch Tierschützer – und Rechtler, Tierärzte, Behörden, Medien und Parteien zu allen relevanten Fragen zu beraten. Durch die Beratungsarbeit war darüber hinaus eine gute Basis geschaf­fen worden, um Erfahrungen zu sammeln und Kontakte zu knüpfen. Lediglich die Partei Bündnis 90/ Die Grünen machten sich das Thema Heimtiere zu eigen, aber sonst gehört es trotz aller Be­mühungen noch immer nicht zu den etablierten Themen unserer Bewegung. Dabei wird offen­bar verkannt, daß sich das Verständnis des Menschen gegenüber Tieren an „Heimtieren“ bildet, die ersten Tiere im Leben eines neuen Menschen. In der Keimzelle der Gesellschaft, der Privat­sphäre, prägen sich alle wesentlichen ethischen Werte. Wie können wir angesichts dessen die egoistische Willkür der Menschen gegenüber den Tieren gesellschaftlich verändern wollen, solange es den meisten egal ist, was Mensch mit „seinem Heimtier“ anstellt und anstellen darf. Wir fordern deshalb seit Anbeginn eine Reduzierung der Artenvielfalt im Heimtiersektor (bzw. im gewerb­lichen und privaten Sektor analog zu unserendamaligen Forderungen bei Zirkus) auf aus­schließlich domestizierte, nicht abnormitätsgezüch­tete Rassen, deren Haltungsanforderungen in tiergemäßen Haltungsverordnungen manifestiert sind.
70.8 % aller Anrufer während einer Talkshow im Februar 1994, bei der ich gegen einen Zoohändler­fuktionär angetreten war, stimmten für ein Verbot von Wildtieren in Privathand. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir eine tragfähige Mehrheit in der Bevölkerung hätten, um dieses Ziel vollinhaltlich durchzuset­zen. Wir hätten einmal ein durchschlagendes Erfolgserlebnis, was unsere Bewegung reakti­vie­ren würde und die nach den „Nutztieren“ größte Tiergruppe hätte endlich Rettung und Schutz.

Die größte und unverstandenste Tiergruppe, die in allen Bereichen der Ausbeutung am grau­samsten behandelt und zahlenmäßig am größten ist, sind die Mitlebewesen des Wassers sowie  vermeintliche „Schädlinge und Ekeltiere“, da sie uns emotional und stammesgeschichtlich nicht nahe stehen. Ich meine die wechselwarmen Tiere, also Reptilien, Amphibien und Fische unter den Wirbeltie­ren sowie die riesigen Tierstämme der Wirbellosen. Sie alle sind de facto nicht minder leidens­fähig als wir Menschen und Säugetiere, sie sind nur anders als wir, sehen anders aus, können sich uns nicht ver­ständlich machen, weil sie keine für uns verstehbare Mimik, Gestik und Aku­stik aufweisen und haben sich im Laufe der Evolution teilweise anders entwickelt. Alle haben aber andere gleich effektive und z.T. bessere Strategien entwickelt mit dem einen Ziel, zu leben, zu überleben und unange­nehmen Reizen zu entfliehen. Es war von jeher unerträglich für mich, daß die mei­sten nur jene Tiere zu schützen bereit sind, die sie auch sympathisch finden. Ich behaupte, daß mind. 80 % der Tierwelt ohne jeden Schutz sind. Sie ethisch zu erfassen, unsere tierschützerische Ethik auf alles auszuweiten, in dem das Leben pulst, ist das ehrgeizige Ziel der AKT und sollte unser aller Ziel sein.
Unsere „Erste Demo für Fische in Europa“ vom 16. 09. 1995 sollte ein weiterer Meilenstein auf diesem langen Weg darstellen. Dort verabschiedeten wir auch die „Schwarzwälder Resolution für eine egalitäre (gleichrangige) Ethik gegenüber allen Tieren und die Anerkennung ihrer artspezifischen Rechte gegenüber der Menschheit“. Sie enthielt neben der Präambel auch Petitionen an Bund und Land.

Alle pragmatischen, politischen und karitativen Bestrebungen für Tiere und Mitwelt müssen scheitern, solange wir unsere Motivation nicht einer egalitären und ökologischen Mitweltethik zugrunde legen, die uns Richtschnur bei all unseren Bemühungen ist. Ich räume deshalb neben der naturwissen­schaftli­chen auch der geisteswissenschaftlichen (philosophischen) Argumentation einen bedeu­tenden Stellen­wert, eine Voraussetzung ein, um den beschwerlichen Kampf logisch, gerecht und strukturiert führen zu können. Ich verfasse hierzu Lesetexte, in denen Argumentationsstra­tegien anschaulich dargelegt werden. 1993 gründeten wir schließlich das „Institut für Mitwel­tethik“.

Die AKT ist grundsätzlich für alle Tierschutzthemen zuständig, (auch ich war zuerst mal Tierversuchs­gegner) es ist aber eine Frage der Ethik, ob es nicht ein logisches Gerechtigkeits­prinzip ist, sich gerade für Tiere besonders einzusetzen, die bislang nicht einmal von den Tierschützern Hilfe erhielten. Wer gegen Diskriminierung kämpft, muß sie in sich selbst besiegt haben. Laßt uns deshalb gemeinsam kämpfen auch und gerade für jene, die noch wehrloser, noch stummer ja stimmlos sind. Laßt uns gemeinsam das ethische Bewußtsein ausweiten, die AKT ist zu klein, sie kann es alleine nicht schaffen.
Ich leide oft darunter, von unserer Bewegung so wenig Unterstützung bei meiner Pionierarbeit zu erfahren. Da wir uns eben nicht für sympathisch geltende Tiere einsetzen, erhalten wir auch fast keine Spenden oder praktische Hilfe ! Wenn sich das nicht in absehbarer Zeit ändert, kann ich das Leistungs­spektrum nicht länger aufrechterhalten.

PHA Passbild150x197Die AKT ist ein Projekt, das karitative, politische und ideologische Tier- und Mitweltschutzar­beit harmonisch miteinander vereint hat, das auf allen Ebenen, am Tier, am Tierhalter und Ver­braucher, am politischen Gegner, an Exekutive, Judikative und Legislative, bei den Medien und innerhalb der eigenen Reihen (Mittierschützer) jeweils die Weiterentwicklung forciert und versucht, Maßstäbe zu set­zen.
Bitte helft mit, daß wir unsere Arbeit fortsetzen können durch praktische, moralische und fi­nanzielle Unterstützung und Potenzierung und Verbreitung unserer Strategien und Ideen.

AKT- AKTION KONSEQUENTER TIERSCHUTZ gemeinnützige GesellschaftmbH       DANKE!!

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Karlsruhe, den 12.03.1996