AKT-Kommentar: Endlich wird der Subventionsirrsinn einmal angeprangert.
Es sind natürlich die Naturschützer, nicht die Tierschützer, die hierbei aktiv werden. Letztere sind mit „Veganisierung“ der Gesellschaft beschäftigt, anstatt die wahren Ursachen des Holocaustes an Tieren politisch anzugehen – die subventionierte Tierindustrie!
 

Milliarden-Subventionen für den Mülleimer

Naturschützer: Fördergeld macht Schweinefleisch viel zu billig. In der Folge wird bis zu einem Drittel weggeworfen
Von Anette Dowideit

Manche schätzen, dass bis zu 20 Millionen Schweine pro Jahr geschlachtet werden, ohne dass ihr Fleisch verwertet wird

In Deutschland wurden im vergangenen Jahr mehr als 59 Millionen Schweine gemästet und geschlachtet – mit Hilfe von milliardenschweren Subventionen aus Deutschland und der EU. 1,8 Milliarden Euro an Fördergeldern für Ackerflächen für Tierfutter, Stallneubauten oder als Zollerleichterungen bei Importen dürften pro Jahr als direkte oder indirekte Subvention an die industrielle Schweinemastbranche fließen. Zu dieser Schätzung kommt ein Fernsehfilm, der an diesem Mittwoch in der ARD gezeigt wird, mit Unterstützung des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Der SWR-Film mit dem Titel „Schweine für den Müllcontainer“ kritisiert die Haltungsbedingungen in der deutschen industriellen Schweinemast. Dicht gedrängt stehen die Tiere häufig im Stall, oft ohne Beschäftigungsmöglichkeiten oder eingestreutes Stroh auf den Spaltenböden aus Beton, an denen viele Tiere sich die Füße aufreißen – so zeigt es der Film, der verschiedene Kritiker zu Wort kommen lässt. „Wir versuchen, Schweine an ein Haltungssystem anzupassen, in das sie nicht gehören“, sagt etwa die hessische Landestierschutzbeauftragte Madeleine Martin.

Etwa ein Drittel aller Nahrungsmittel landet in Industrienationen wie Deutschland auf dem Müll. Diese Schätzung hatte die Umweltorganisation WWF vor einigen Monaten ausgegeben. Überträgt man diese Zahl auf Fleischprodukte, erscheint sie im Zusammenhang mit den von Tierschützern kritisierten Haltungsbedingungen vieler Masttiere als besonders dramatisch. „20 Millionen Schweine pro Jahr haben somit umsonst gelitten und sind am Ende noch einen sinnlosen Tod gestorben“, zu diesem Resümee kommt der Film.

Schuld daran, dass so viel Fleisch auf dem Müll landet, ist demnach der zu niedrige Preis. Das sagt auch BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning. „Wäre das Fleisch nicht so billig zu haben, würde der Verbraucher es mehr wertschätzen.“ Grund für die niedrigen Ladenpreisen seien wiederum die hohen Subventionen. Benning rechnet vor, dass die EU Futterflächen für die industrielle Massentierhaltung in Deutschland mit jährlich 950 Millionen Euro unterstütze. Dazu kämen unter anderem 100 Millionen Euro an Baufördergeldern des Bundes, 500 Millionen Euro an finanziellen Vorteilen für die Züchter, die importierte Futtermittel nicht versteuern müssten, sowie 200 Millionen Euro staatliche Subventionen für Biogasanlagen, die häufig von den Schweinebetrieben neben ihren Mastanlagen errichtet würden.

Die hohen Fördersummen verbilligten das Fleisch zusammengenommen so stark, dass es den Konsumenten, ebenso wie Handelsketten und die Restaurantbranche heute nicht mehr schmerze, Fleisch wegzuwerfen, sagt die BUND-Agrarexpertin. Mittlerweile lebt eine ganze Branche davon, Fleisch- und andere Lebensmittelüberreste zu entsorgen.

In der deutschen Schweinemast sind auch noch andere Missstände bei der Haltung Standard, die der Film nicht behandelt: So leben 80 Prozent aller Mastschweine mit gekürzten Schwänzen. Die Ferkelzüchter kupieren die Ringelschwänze häufig wenige Tage nach der Geburt, um zu verhindern, dass sich die Tiere später – wenn sie dicht an dicht stehen – gegenseitig aus Langeweile und Aggression anfressen.

Zu solch beengten Haltungsbedingungen komme es durch eine zunehmende Intensität in der Schweinemast, erklärt der renommierte Agrarökonom Achim Spiller von der Universität Göttingen. Ein Schwein, rechnet er vor, bleibt etwa 100 Tage beim Mäster, somit schafft der Mäster bei 365 Tagen und 2000 Mastplätzen einen Durchlauf von maximal 7300 Schweinen pro Jahr. Das macht etwa 45.000 Euro Jahresgewinn. Je dichter die Schweine stehen, desto weniger Arbeitskräfte und damit Geld braucht man, um sie zu versorgen.

Der BUND kritisiert im Film auch, dass dank der Subventionen in Deutschland mehr Schweinefleisch produziert werde als gegessen werden könne. Der Selbstversorgungsgrad liegt laut Verband der Fleischwirtschaft (VDF) bei rund 110 Prozent. Deshalb von einer Überversorgung zu sprechen, hält VDF-Hauptgeschäftsführerin Heike Harstick allerdings für unangebracht. Schließlich werde das Fleisch, das nicht in Deutschland konsumiert werde – 39 Kilo pro Bürger und Jahr – nicht weggeworfen, sondern exportiert. „In der Automobilindustrie würde wohl niemand auf die Idee kommen, dass wir nur so viele Autos produzieren dürfen, wie wir selbst fahren.“

Umwelt- und Naturschützer kritisieren seit Jahren den hohen Fleischkonsum der Industrienationen. Dabei geht es neben den Haltungsbedingungen für die Tiere vor allem um die Frage, ob es angesichts der wachsenden Weltbevölkerung moralisch vertretbar ist, eine steigende Zahl an Ackerflächen für den Anbau von Tierfutter zu reservieren statt dort Nahrungsmittel anzubauen.